Der Spagat zwischen Helfen Wollen und Eigenschutz – Ein Leitfaden für Angehörige von Menschen mit Bipolarer Störung (deutsche Version)


Wenn ein geliebter Mensch an einer bipolaren Störung leidet, fühlen sich Angehörige oft hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch zu helfen und der Notwendigkeit, sich selbst zu schützen. Die Erkrankung kann Phasen der Manie, Hypomanie und Depression mit sich bringen – jede davon stellt unterschiedliche Herausforderungen dar. Doch wann ist es sinnvoll, zu helfen, und wann sollte man sich zum Selbstschutz abgrenzen?


🧠 Warum ist es so schwer, die richtige Balance zu finden?

Angehörige übernehmen oft die Rolle des Helfers, Unterstützers oder sogar Retters, weil sie den Betroffenen nicht leiden sehen möchten. Gleichzeitig kann das Verhalten von Menschen mit bipolarer Störung in akuten Phasen emotional belastend, fordernd oder sogar toxisch sein.

🔹 Typische Herausforderungen für Angehörige

✔ In der Manie: Übermäßige Energie, riskantes Verhalten, keine Krankheitseinsicht
✔ In der Depression: Hoffnungslosigkeit, Rückzug, möglicherweise Suizidgedanken
✔ Gefühl der Ohnmacht: Die Erkrankung lässt sich nicht „weghelfen“
✔ Verletzende Worte oder Distanz: Stimmungsschwankungen können Beziehungen belasten

📌 Hilfe ist wichtig – aber nicht um den Preis der eigenen Gesundheit.


⚖ Wann sollte man helfen – und wann sich abgrenzen?

1. Helfen, wenn es möglich und sinnvoll ist

💡 Hilfe kann unterstützend sein, wenn der Betroffene sie akzeptiert und davon profitiert.

✔ Emotionale Unterstützung → Zuhören, ohne Lösungen aufzudrängen
✔ Alltagsstruktur bieten → Erinnerungen an Medikamente oder Termine (falls erwünscht)
✔ Gespräche über Therapie oder Medikamente → Ohne Zwang, aber mit Einfühlungsvermögen
✔ In Krisensituationen eingreifen → Falls Eigen- oder Fremdgefährdung besteht (Notarzt oder psychiatrische Hilfe kontaktieren)

📌 Hilfe sollte immer auf Freiwilligkeit und Zustimmung basieren – nicht auf Zwang.


2. Sich abgrenzen, wenn es zu viel wird

⚠ Es gibt Momente, in denen Abgrenzung notwendig ist, um sich selbst zu schützen.

❌ Wenn der Betroffene keine Hilfe annimmt und sich destruktiv verhält
❌ Wenn Manipulation, Vorwürfe oder emotionale Erpressung auftreten
❌ Wenn der eigene Alltag massiv leidet (z. B. Schlafmangel, ständiger Stress)
❌ Wenn man sich selbst zunehmend ausgelaugt oder depressiv fühlt

📌 Man kann nur helfen, wenn man selbst stabil bleibt. Eigenschutz ist kein Egoismus, sondern Notwendigkeit.


🛠 Strategien, um den Balanceakt zu meistern

1. Eigene Grenzen klar kommunizieren

💡 Es ist wichtig, dem Betroffenen ehrlich mitzuteilen, was man leisten kann – und was nicht.

Statt: „Ich bin immer für dich da, egal was passiert.“
Besser: „Ich helfe dir gern, aber ich brauche auch Pausen für mich.“

✔ Klare Kommunikation über eigene Kapazitäten
✔ Keine Versprechen machen, die man nicht halten kann
✔ Verständnis zeigen, aber nicht über die eigenen Grenzen gehen


2. Verantwortung nicht komplett übernehmen

⚠ Angehörige sind nicht für die Heilung des Betroffenen verantwortlich.

✔ Therapien und Medikamente sind Sache des Betroffenen – nicht der Angehörigen
✔ Unterstützung anbieten, aber nicht alles selbst regeln
✔ Akzeptieren, dass Rückfälle passieren können

📌 Man kann Hilfe leisten, aber nicht die Krankheit für den anderen tragen.


3. Eigene Selbstfürsorge ernst nehmen

💡 Wer sich selbst vernachlässigt, kann langfristig keine gute Unterstützung sein.

✔ Pausen einplanen – Zeit für sich nehmen
✔ Eigene Gefühle ernst nehmen – Wut, Trauer oder Frust sind normal
✔ Selbsthilfegruppen oder Therapie für Angehörige in Betracht ziehen

📌 Nur wer selbst stabil ist, kann sinnvoll helfen.


🎯 Fazit: Helfen ist wichtig – aber nicht um jeden Preis

✔ Hilfe sollte unterstützend, aber nicht aufopfernd sein.
✔ Jeder Angehörige hat das Recht auf Grenzen und Selbstschutz.
✔ Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Unterstützung und Distanz hilft beiden Seiten.

💡 Letztendlich ist es ein Balanceakt – und manchmal bedeutet wahre Hilfe, auch loszulassen. 💙